In der zweiten Dezemberwoche haben wir gleich zwei Veranstaltungen zum Thema Griechenland für euch. Dabei geht es natürlich nicht um eine touristische Annäherung an einen Nationalstaat und/oder dessen Geschichte, sondern um soziale Kämpfe im Kontext politischer Entwicklungen der letzten Jahre.
In Gedenken an Alexandros Grigoropoulos zeigen wir den Film Schrei im Dezember, der einen Blick auf die Geschehnisse von 2008 und die militanten Proteste im Nachgang wirft. Darauf folgt dann eine Buchvorstellung von Krisenlabor Griechenland mit den Autoren Detlef Hartmann und John Malamatinas (neu!). Dabei soll es um die jüngsten (insbesondere finanz-)politischen Entwicklungen in Griechenland und den Widerstand gegen die Sparpolitik der Regierung gehen.
Hier die Details zu den beiden Veranstaltungen:
Film: Schrei im Dezember
6.12.2011
19 Uhr
Infoladen Glimpflich / VL-Ludwigstrasse 37
Athen, am Abend des 6. Dezember 2008: Ein Beamter einer Sondereinheit der griechischen politischen Polizei erschießt den 15-jährigen Schüler Alexandros Grigoropoulos. Zwanzig unabhängige ZeugInnenaussagen belegen, dass es keinen Grund für die Schüsse gab. Und dass Alexandros nicht, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, von einem Querschläger getroffen wurde, sondern von einem gezielten Schuss aus knapp zwanzig Meter Entfernung. Stunden später sind bereits Zehntausende auf der Straße und protestieren gegen die Polizeiwillkür. Die Straßenkämpfe in der griechischen Hauptstadt dauern bis zum Jahreswechsel.
Zum dritten Jahrestag des tödlichen Polizei-Schusses auf Alexandros Grigoropoulos wird im Infoladen die Dokumentation von Kostas Kolimenos über die Hintergründe und den Verlauf der militanten Protestaktionen danach gezeigt. Klar wird dabei, dass die vom Staat ausgehende Gewalt erst jene Gegengewalt herstellt, die dann wiederum unter Berufung auf die Wiederherstellung des gesellschaftlichen Gemeinwohls militärisch niedergeschlagen werden kann.
griechisch mit deutschen Untertiteln | 48 Min. | Kostas Kolimenus | 2008
Buchvorstellung: Krisenlabor Griechenland – Ein Modell für die Reorganisation Europas unter deutscher Führung?
8.12.2011
20 Uhr
Infoladen Glimpflich / VL-Ludwigstrasse 37
Europa befindet sich auf dem Weg in eine neue Epoche. Nach der vorläufigen “Rettung” Irlands steht die “zweite Halbzeit der Euro-Krise” erst bevor. Es geht nicht um die Beendigung, sondern um die Nutzung der Krise. Exemplarische Bedeutung kommt dabei den Auseinandersetzungen um die griechische Schuldenkrise zu. Die griechische Gesellschaft dient den EU-Strategen unter der Hegemonie der Merkel-Regierung – mit Hilfe des IWF – als Labor für die Reorganisation des Großraums Europa. Ein “Labor” für eine Schockpolitik, die auf die Transformation der übrigen europäischen Länder, vor allem des Südgürtels, zielt und als Blaupause für die osteuropäischen Länder dient.
Der Autor Detlef Hartmann beschäftigt sich in dem im Januar 2011 bei Assoziation A erschienenen Band insbesondere mit der Entwicklung der kapitalistischen Strategien in den Krisen der Gegenwart. Er begreift sie als Ausdruck einer epochalen Offensive des globalen Kapitals, um das kapitalistische Kommando über die Wertschöpfungsprozesse zu reorganisieren. Über eine Politik der Verelendung, wie sie aktuell in Form von “Sparhaushalten” umgesetzt wird, soll ein neues, auf Informations- und Kommunikationstechnologien basierendes Regime durchgesetzt und die Bereitschaft der Menschen hergestellt werden, sich diesem neuen Regime zu unterwerfen. Die sozialen Auseinandersetzungen in Griechenland haben deshalb exemplarischen Charakter für die Zukunft eines maßgeblich von Deutschland aggressiv neu geordneten Europas.
Hartmann, Detlef und John Malatimas. Krisenlabor Griechenland: Finanzmärkte, Kämpfe und die Neuordnung Europas. Assoziation A, 2011. 136 Seiten.