Griechische Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) ruft zu Streik am 6. Mai auf

Die griechische Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) hat für den 6. Mai 2010 zu einem landesweiten Streik wegen des Todes von drei Bankangestellten in Athen während des Generalstreiks am 5. Mai aufgerufen. Die Gewerkschaft gibt der Management der Bank und der Polizei die Schuld am Tod ihrer KollegInnen, die durch giftige Dämpfe infolge eines Brandes in einer Filiale an einer Demonstrationsroute ums Leben gekommen sind. Am 5. Mai hatten überall in Griechenland hundertausende von ArbeiterInnen gegen die Sanierung der Staatsfinanzen auf dem Rücken der Beschäftigen und RentnerInnen protestiert. Dabei kam es in vielen Städten zu wütenden Angriffen auf Symbole der Staatsmacht, dutzende von Banken und Konzernfilialen. Viele der Kundgebungen wurden von der Polizei mit Tränengas, Blendschock-Granaten und Knüppeln attackiert. Die griechische Polizei hat am Abend Kontrollpunkte an allen Zugängen zum Athener Stadtzentrum errichtet und mehrere besetzte Häuser und Projekte im Stadtteil Exarchia angegriffen.

In Athen waren nach Angaben von Gewerkschaften mehr als 200.000 ArbeiterInnen auf der Straße. Während des ganzen Tages lieferten sich Polizei und große Gruppen von wütenden Einwohnern immer wieder heftigste Auseinandersetzungen. In Thessaloniki zogen 50.000 Streikende durch die Stadt und zerstörten in der zweitgrößten griechischen Stadt mehrere dutzend Banken und Niederlassungen von Konzernen. In Patras schlossen sich Traktoren und die Fahrer der Müllabfuhr einer Demonstration von mehr als 20.000 Leuten, in der Verlauf im Stadtzentrum Barrikaden errichtet wurden. Es kam zu mehrstündigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch in Ioannina griffen DemonstrantInnen Banken und Konzern-Niederlassungen an. In Heraklion waren mehr als 10.000 Leute auf der Straße. In Corfu wurde das Verwaltungszentrum besetzt, ebenso in Naxos und in Naoussa das Rathaus.

Zu einem tragischen Zwischenfall kam es am Morgen in Athen, als ein Feuer in einer Filiale der Marfin Bank ausbrach. Drei Beschäftigte kamen durch giftige Dämpfe ums Leben, den anderen gelang es, aus einem oberen Stockwerk des Gebäudes über einen Laternenmast auf die Straße zu klettern.

Dass sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt Beschäftigte in der Bank befanden, liegt nach Angaben von GewerkschafterInnen daran, dass ihnen von der Firmenleitung mit Kündigung für den Fall gedroht worden sei, dass sie nicht zur Arbeit erscheinen und sich stattdessen am Generalstreik beteiligen sollten. Diese Drohung ist umso ungeheuerlicher, als sich die betreffende Filiale der Bank an einer Demonstrationsroute befindet. In Griechenland ist es üblich, solche Banken zu schließen, da sie jedes Jahr dutzendfach aus Demonstrationen heraus angegriffen werden.

Darüber, wie das Feuer im Eingangsbereich entstanden ist, gibt es unterschiedliche Angaben. Zwar behauptete jemand gesehen zu haben, wie während der Auseinandersetzungen eine Blendschockgranate der Polizei in das Gebäude eingeschlagen sei. Wahrscheinlicher ist aber, dass es eine Brandflasche war, die den Eingangsbereich der Bank in Brand setzte. In einem Blog beschreibt ein Demonstrationsteilnehmer, die Schalterräume der Bank seien leer gewesen, als die Demonstration vorüber zog. Niemand habe gewusst, dass die Bank auch über Büroräume im ersten Stock verfügt habe, in denen sich Angestellte befanden. Als diese von den oberen Fenster aus den DemonstrantInnen zugerufen hätten, dass sich Menschen im Gebäude befinden, hätten Leute versucht, das Feuer zu ersticken und ins Gebäude zu gelangen. Alle Eingänge seien jedoch verschlossen gewesen. Ein anderer Augenzeuge berichtete auf Indymedia Athen, dass DemonstrantInnen versucht hätten, die Sicherheitsglas-Scheiben einzuschlagen, um die eingeschlossenen Bankangestellten zu befreien, dabei aber von der Polizei angegriffen worden seien und davon, dass der einzige mögliche Fluchtweg durch ein Fallgitter verschlossen gewesen sei, das sich nicht öffnen ließ.

Ebenfalls auf Indymedia Athen hat mittlerweile ein Angestellter der Marfin Bank schwere Vorwürfe gegen die Firma erhoben, weil es in der betroffenen Filiale nur unzureichende Sicherheitsmaßnahmen für einen Brandfall gegeben haben soll. So habe es u.a. weder ausreichende Installationen zur Brandbekämpfung gegeben, noch einen Fluchtweg aus dem Gebäude. Die Bankangestellten hätten somit im Falle eines größeren Brandes weder die Möglichkeit gehabt, eine Feuer zu löschen, noch eine Chance, sich aus dem Gebäude zu befreien. Es habe außerdem keinen hinterlegten Brandschutzplan gegeben, so dass die Feuerwehr zunächst mit einem Einsatzfahrzeug angerückt, sei, dessen Leiter zu kurz gewesen sei.

Im Netz ist zwischenzeitlich ein Video aufgetaucht, in dem wütende AnwohnerInnen den Chef der Bank bei einer Ortsbesichtigung unter massivem Polizeischutz als Mörder beschimpfen. Auch die Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) gibt dem Management und der Polizei die Schuld am Tod der drei Bankangestellten und wirft der Politik vor, politisches Kapital aus dem traurigen Ereignis schlagen zu wollen.

Bei den griechischen Basisgewerkschaften befürchtet man, dass die Regierung u.a. versuchen wird, die sich ausbreitende Protestwelle durch Angriffe auf die Infrastruktur der Protestbewegung einzudämmen. Eine Befürchtung, die nicht unbegründet zu sein scheint. So gab es heute auf youtube.com einen Clip zu sehen, der Polizisten dabei zeigt, wie sie die Scheiben eines linken Cafés einzuschlagen versuchen. In den späten Abendstunden des 5. Mai häuften sich außerdem Berichte über gezielte Angriffe der Polizei auf besetzte Häuser im Stadtteil Exarchia.

Quelle

[ssba]

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