Durstexpress ist Frustexpress – Solidarität mit unserem Nachbarsyndikat in Leipzig

Durstexpress: Nach dem Klatschen kommt die Kürzung

Pressemitteilung der FAU Leipzig vom 25.10.2020

Im Leipziger Standort des Getränkelieferanten Durstexpress versammelten sich am 15.10.2020 bei Schichtbeginn 17 Teilzeitbeschäftigte vor dem Niederlassungsleiter Patrick G., um gemeinsam aktiv ihre Arbeitskraft anzubieten. Nachdem noch vor wenigen Wochen infolge der Covid-19-Pandemie auch die Durstexpress-Mitarbeiter*Innen zu „Essential Workers“ erklärt und beklatscht wurden, erfolgte prompt eine Kürzung der angebotenen Schichten um bis zu 50 %, wodurch sie seit Oktober nicht einmal die ihnen garantierten Wochenstunden erarbeiten können. Es drohen existenzbedrohende Lohnausfälle. Gleichzeitig wurden Gewerkschaftsvertreter*Innen der FAU vom Standortleiter Patrick G. widerrechtlich des Geländes verwiesen, gewerkschaftliches Informationsmaterial verboten und eingesammelt.

Derzeit wird die Kommissionierung in Leipzig zum Großteil von etwa 50 Teilzeitbeschäftigten verrichtet und umfasst sämtliche anfallende Lagerarbeiten. Das Arbeitsverhältnis ist über unterschiedliche, überwiegend unbefristete Arbeitsverträge geregelt, die zehn, zwanzig, oder dreißig Wochenstunden umfassen. Insbesondere den Beschäftigten mit 30-Wochenstunden-Verträgen droht durch die aktuelle Arbeitszeitverkürzung finanziell der Ruin, da sie teilweise keine weitere Einkunftsquelle haben. Des Weiteren ist zu befürchten, dass die Durstexpress GmbH einen Teil ihrer Lohnarbeiter*Innen so zur Kündigung drängen will, wodurch Personalkosten gespart werden sollen – die sogenannte kalte Kündigung.

Auf Nachfrage der Basisgewerkschaft FAU bei Durstexpress wollte der Niederlassungsleiter Patrick G. von den Problemen nichts gewusst haben. Dabei baten ihn die Beschäftigten in einer E-Mail bereits vor dieser Aktion um (weitere) offene Schichten. Auf Nachfrage wies er jede Verantwortung jedoch von sich und verwies auf die Berliner Zentrale von Durstexpress. Wiederum erklärte G. aber, dass die Beschäftigten im persönlichen Gespräch die Möglichkeit gehabt hätten, die Situation in Individualabsprachen zu klären. Dies habe aber seinen Angaben nach keiner der Beschäftigten versucht – eine glatte Lüge. Mehrere Beschäftigte suchten das Gespräch, wurden aber damit konfrontiert, dass die Änderungen „von Berlin so gewollt seien und sich hier nichts machen ließe“.

Daher gab Sören Winter, Pressesprecher der Freien ArbeiterInnen Union Leipzig (FAU), folgendes Statement ab: ,,Ein Wille zur Lösung des Problems ist nicht erkennbar. Die Anfragen der MitarbeiterInnen an die Vorgesetzten oder die Personalabteilung werden entweder erst sehr spät oder gar nicht beantwortet. Vor Ort verweigerte der Standortleiter Patrick G. eine schriftliche Bestätigung, dass sie ihre Arbeitskraft angeboten hatten und wies sie allesamt ab.“

Das Anbieten der Arbeitskraft ist entscheidend, da sich Durstexpress nicht nur unmoralisch verhält, sondern seinen Vertragspflichten nicht nachkommt, wenn vereinbarte Stunden nicht zur Verfügung gestellt werden. Im Falle eines solchen arbeitgeberseitigen Annahmeverzugs, wäre Durstexpress immer noch zur Lohnzahlung im Rahmen der vertraglich vereinbarten Stunden verpflichtet.

Um die Organisierung der MitarbeiterInnen zu verhindern, geht Durstexpress seit Längerem mit fragwürdigen Methoden vor. So verhinderte der Getränkelieferant in der Berliner Niederlassung 2019 eine Betriebsratswahl durch Entlassung der verantwortlichen Arbeiter*Innen. Der Fall erregte bereits im letzten Jahr Aufsehen durch mediale Berichterstattung.

Offenbar werden nun auch in Leipzig gewerkschaftliche Rechte der Koalitionsfreiheit direkt bekämpft. Diese sichern Gewerkschaften unter Anderem einen Besuch der Betriebe sowie die Information der Beschäftigten und insbesondere der Mitglieder am Arbeitsplatz zu. Niederlassungsleiter Patrick G. berief sich auf sein Hausrecht und verwies Gewerkschaftsvertreter*Innen des Geländes. Gewerkschaftliche Flugblätter wurden verboten und wieder eingesammelt, da sie den Betriebsfrieden stören würden.

Die momentane Situation zwingt uns jetzt zu einem entschiedenen Handeln, das keinen langen Rechtsstreit abwarten kann. Zudem ist es ein Dammbruch, Gewerkschaften den Betriebszugang zu verwehren, der keine Lappalie darstellt und nicht hingenommen werden kann.
,,Es liegt nun nicht nur an den mutigen engagierten KollegInnen im Betrieb und der FAU, gegen dieses Unrecht vorzugehen. Alle sind aufgerufen, sich an anstehenden gewerkschaftlichen Aktionen gegen Durstexpress zu beteiligen, bis Arbeitnehmer*Innen– und Gewerkschaftsrechte geachtet und die Arbeitsplätze unserer KollegInnen gesichert sind. Das Modell #Frustexpress darf nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer*Innen weiter Schule machen.“ schließt Winter mit Blick auf eine angesetzte Kampagne der FAU.

Mit freundlichen Grüßen
Sören Winter
Pressesprecher FAU Leipzig

Update: In der Presse wird bereits berichtet:

https://www.lvz.de/Region/Mitteldeutschland/Aerger-beim-Getraenkelieferanten-Durstexpress-in-Leipzig-Schichten-drastisch-gekuerzt

https://kreuzer-leipzig.de/2020/10/27/ausgeliefert/

[ssba]