Der lange Kampf des Gastro-Unternehmers Steffen Hansen gegen die Bezahlung eines Arbeiters: Fall von 2020 wird dieses Jahr zum 3. Mal verhandelt

Am 5.12.2024 wurde vor dem Landesarbeitsgericht die Berufung verhandelt, die Steffen Hansen infolge der Niederlage gegen die FAU in der ersten Instanz eingelegt hatte. Worum war es gegangen? Ein FAU-Mitglied hatte sich im Oktober 2020 auf eine Stelle im „Roten Horizont“ beworben und dort eine Schicht zur Einarbeitung gearbeitet. Als er dafür Geld verlangte, bekam er keine weiteren Schichten, aber auch zunächst kein Geld. Da er auch keine Kündigung erhielt, bot er weiter seine Arbeit an, bis er von Steffen Hansen aus der Chatgruppe für Mitarbeiter geschmissen wurde. Für die Einarbeitung zahlte ihm Hansen dann noch 84€, wollte dies aber nicht als Arbeitslohn verstanden wissen, weil die Einarbeitung ja nur eine „Einfühlung“ gewesen wäre. Als längere Zeit immer noch keine Kündigung eingegangen war, klagte der Arbeiter mit der FAU auf den ihm zustehenden Lohn seit dem Probearbeiten. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehrere Monate vergangen, in denen Hansen die angebotene Arbeit ablehnte, ohne zu kündigen.

Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht konnte die FAU 2021 ihre Forderungen nach einer Lohnzahlung vollends durchsetzen. Nebenbei hatte die zuständige Kammer ausdrücklich festgestellt, dass die FAU berechtigt ist, ihre Mitglieder vor Gericht zu vertreten. Dieser Nebenkriegsschauplatz ist unter Hallenser Arbeitgeber*innenkanzleien in Konflikten mit der FAU besonders beliebt, für die Chef*innenseite aber bislang ein Terrain der Niederlagen. Im Verlauf der ersten Instanz mussten wir unsere Klage einmal abändern, da Steffen Hansen für seine Gastronomie- und weiteren Geschäfte verschiedene Firmen nutzt. Am Ende wurde eine der Firmen zur Zahlung verurteilt, die er zum betreffenden Zeitpunkt führte. Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen und legte Berufung zum Landesarbeitsgericht ein.

Im Vorfeld der Verhandlung hatte der vorsitzende Richter unseren Anwalt kontaktiert und versucht einen Vergleich anzuregen. Er gab bereits am Telefon den Hinweis, dass er die Berufung für begründet hält und ihr hohe Erfolgschancen gibt. Nach Absprache mit unserem Mitglied haben wir eine Vergleichsbereitschaft unsererseits mitgeteilt. Die Gegenseite, die vom Richter genauso kontaktiert worden war, meldete sich jedoch nicht zurück.

Hansen erklärte in der Verhandlung, dass unser Mitglied damals „nur mitgelaufen“ wäre. Tatsächlich hatte unser Kollege u.a. Getränke in den Keller geschleppt. Dies kommentierte der zahlungsunwillige Chef Hansen so: „„Ich kann ja nichts dafür, wenn der sich während des Einfühlungsverhältnisses aus Hilfsbereitschaft einen Kasten schnappt, um dem anderen Studenten zu helfen.“ Hier griff der Richter ein: „Das spielt für mich keine Rolle. Wenn man Aufgaben erfüllt, dann ist das für mich Arbeit. Das waren dann zwei Tage und es folgten mehrere Monate Annahmeverzug und Urlaubsansprüche.“ Die richtige Beklagte wäre damals eine „Handels- und Betriebsgesellschaft“ gewesen. Die FAU hatte auch richtigerweise ihre Klage darauf abgeändert. Das Problem, das nun die Berufung ermöglichte, ist dann entstanden, als die Richterin am Arbeitsgericht trotz der Klageänderung die Ladung an Hansen persönlich und die „Connoisseur UG“ verschickte.

Unser Anwalt entgegnete hier, dass er das anders sehe: Herr Hansen war Ansprechpartner für die Bewerbung und auch für die Lohnforderungen des Klägers. Der Richter führte weiter aus, dass der Parteiwechsel während der laufenden 1. Instanz für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis entstanden sei, keine Rolle spiele. Seiner Ansicht nach wäre dieses entstanden, zuzüglich des Verzuges des Schuldners. „Ich hatte 30 Jahren als Arbeitsrichter noch nicht einen Fall eines ‚Einfühlungsverhältnisses‘.“ Das Arbeitsgericht hat das Verfahren aber nicht gegen die „Handels- und Betriebsgesellschaft“ fortgesetzt und daher könne er als Landesarbeitsgericht nun auch nicht die „Handels- und Betriebsgesellschaft“ verurteilen. Er werde das Verfahren zurück an das Arbeitsgericht verweisen.

Dieser Dauerprozess gegen Steffen Hansen ist beispielhaft dafür, wie in vielen Gastronomiebetrieben Arbeitnehmer*innenrechte mit Füßen getreten werden. Gerade junge Arbeiter*innen, solche ohne gute Deutschkenntnisse oder mit prekärem Aufenthaltsstatus werden wie moderne Tagelöhner*innen behandelt. Und wo Chef*innen rechtlich gesehen der Verantwortung ihrer Lohnpflicht nicht entfliehen können, nutzen sie undurchsichtige Firmengeflechte mit wechselnden Geschäftsführungen, um zweifellos entstandenen Lohnansprüchen möglichst lange oder final ausweichen zu können. Als FAU haben auch wir einen langem Atem und werden dieses Jahr verstärkt auf die Kolleg*innen und Konsument*innen Hallenser Ausbeutungslokale zugehen.

[ssba]