Freitag 18.6. Jürgen Mümken – Postanarchismus – Anarchistische Theorie (in) der Postmoderne

Ort: VL/Ludwigstraße 37
Uhrzeit: 20 Uhr

Postmoderne, Globalisierung und Neoliberalismus haben die gesellschaftlichen Realitäten und deren Wahrnehmung verändert. Seit einigen Jahren wird unter dem Label „Postanarchismus“ über eine Aktualisierung anarchistischer Theorie und Praxis diskutiert. Unter dem Begriff „Postanarchismus“ werden die verschiedenen theoretischen Auseinandersetzungen mit dem Poststrukturalismus, Dekonstruktivismus, Postmoderne etc. zusammengefasst werden, sind älter als der Begriff.
Was bedeutet die Postmoderne für den Anarchismus? Brauchen wir einen „postmodernen Anarchismus“? Welche „Wahrheiten“ der Moderne und des „klassischen Anarchismus“ müssen wir über Bord werfen? Welche „Werkzeugkiste“ des Poststrukturalismus ist nützlich für eine Aktualisierung anarchistische Theorie und Praxis? Was nützt die Macht-Analyse von Foucault und die postmoderne Kritik des bürgerlichen Subjekts für die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft? Diesen Fragen geht Jürgen Mümken nach.

Sa, 12.06.2010, 11 bis 17 Uhr – Workshop der Zukunftswerkstatt Jena „Konkrete Utopien für eine herrschaftsfreie Gesellschaft“

Ort: VL/Ludwigstraße 37

„Eine andere Welt ist möglich“ wurde zu einer Losung der globalisierungskritischen Bewegung. Aber viele Menschen die noch resigniert sind, beteiligen sich am Widerstand gegen das bestehende, kapitalistische System nur deshalb nicht, weil sie eben keine Alternative zum Kapitalismus sehen. Sie meinen der Sozialismus hat nicht funktioniert, wie soll es dann möglich sein, ohne Verlust an Lebensqualität die kapitalistische Wirtschaftsweise abzuschaffen und eine neue einzuführen?

Die „Zukunftswerk Jena“ hat einige Ideen zusammengetragen, wie ein nachkapitalistisches Gesellschaftssystem, das auf dem Gedanken der Selbstorganisation basiert, funktionieren könnte. Diese Ideen sollen kein Universalrezept für eine Utopie sein, sondern dazu ermutigen sich anderen zusammenzuschließen um gemeinsam selbstorganisiert zu wirtschaften. Durch eine Vernetzung dieser selbstorganisierten Projekte entstünde für die Menschen, die daran teilnehmen, eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Markt. Dies wäre die Keimzeile für eine nachkapitalistische Welt.

Aufruf zur Bildungsstreik-Demonstration am Mittwoch, 9.6.2010

Aufruf zur Bildungsstreik-Demonstration
am Mittwoch, 9.6.2010

Alle Jahre wieder gehen Studierende auf die Straße um gegen die Zustände im Bildungssystem zu demonstrieren. Doch geändert hat sich seit ’68 wenig, stattdessen hat die Ökonomisierung zugenommen. Dennoch rückt die Einführung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge die Ungewissheit persönlicher Lebensläufe ins Bewusstsein.

In Diskussionen um Kürzungen wird Bildung gegen andere politische Bereiche, wie zum Beispiel das Gesundheitssystem oder Renten ausgespielt. Dies hat gezeigt, dass der gesamtgesellschaftliche Bezug einer Kritik am
Bildungssystem nicht vergessen werden darf.

Das fängt nicht erst beim restriktiven Zugang zur Universität an. Schon in der Schule, dem Kindergarten und noch früher werden die Bildungschancen von Menschen durch ökonomische Zwänge und Schranken festgelegt. Es liegt
auch gar nicht im staatlichen Interesse, allen Menschen unabhängig von sozialer Herkunft Bildung zu ermöglichen.
Vielmehr geht es um die Bildung nützlicher Eliten, die den Staatsbetrieb aufrecht erhalten und die gesellschaftlichen Verhältnisse reproduzieren.

Deshalb darf die Problematik auch nicht auf die berechtigte Forderung nach einer gerechteren Verteilung von Geldern reduziert werden. Vielmehr muss es um ein grundsätzliches Umdenken beim Begriff von Bildung gehen.
Demokratie darf sich nicht auf repräsentative Gremien beschränken, die nichts daran ändern, dass Bildungsinhalte weiterhin hierarchisch und von oben herab bestimmt und gelehrt werden.

Eine umsetzbare Alternative ist die konsequente Mitbestimmung aller an Bildung beteiligten – in Schulen, Universitäten und allen anderen Orten, an denen Bildung stattfindet. Darüber hinaus lässt sich eine Gesellschaft ohne Schulen, Unis, etc. denken! Nur so kann eine gerechte Verteilung auf der Grundlage einer freien Assoziation von Individuen verwirklicht werden.
Dazu gehört gleichermaßen die Auflösung patriarchaler und anderer diskriminierender Strukturen – in Bildung und dem gesamten gesellschaftlichen Leben.

Wir sollten uns keiner Illusion hingeben dass sich in diesem System etwas ändern würde außer durch Reformen von Oben wie im preußischen Absolutismus. Trotzdem wurde auch diese Gesellschaftsordnung verworfen und durch unsere heutige Demokratie ersetzt.

Unsere Zukunft sehen wir in der sozialen Revolution. Wir wollen eine föderalistische, dezentrale und direkt-demokratische Welt, in der es keine Menschen gibt die wegen abweichender Lebensvorstellungen diskriminiert werden, sondern in der es Gemeinschaften von Gemeinschaften gibt, die genauso bunt und vielfältig sind wie die menschliche Natur. Eine Welt ohne Kapitalismus, Herrschaft und Patriarchat. Eine Welt in der jede_r nach Fähigkeiten und Bedürfnissen und ohne Arbeitszwang leben kann!

In diesem Sinne ruft die FAU Halle auf, sich am 9. Juni 2010 an der Bildungsstreikdemo zu beteiligen.
Los geht es um 14 Uhr auf dem Uniplatz.

Vortrag von Bernd Drücke fällt aus!

Der morgige Vortrag muss leider ausfallen, da der Referent erkrankt ist. Wir wünschen gute Besserung und hoffen den Vortrag im nächsten Semester nachholen zu können.

Als nächste Vortrag steht nun „Einführung in den Postanarchismus“ von Jürgen Mümken am Freitag den 18.6. um 20 Uhr im VL (Ankündigungstext folgt). Außerdem organisiert das VL eine Workshop am 12.06. von 11-17 Uhr mit der Zukunftswerkstatt Jena zum Thema „Konkrete Utopien für eine herrschaftsfreie Gesellschaft“.

Donnerstag 27.5. Bernd Drücke – Anarchismus seit 1968 und in der DDR

Donnerstag 27.5. Bernd Drücke – Anarchismus seit 1968 und in der DDR

Uhrzeit: 19 Uhr
Ort: Uniplatz, Im Sitzungszimmer des Melanchtonaniums

Die Vielfalt des Anarchismus in Deutschland lässt sich gut anhand seiner Presse aufzeigen. In den letzten 150 Jahren sind unzählige schwarz-rote Sternschnuppen, aber auch langlebige und einflussreiche libertäre Zeitschriften entstanden.
Seit 1968 gibt es in der Bundesrepublik einen „neuen Anarchismus“. Und ohne die kleine libertäre Bewegung in der DDR würde es diesen autoritär-„sozialistischen“ Staat wohl noch geben.
Anhand von Anschauungsmaterial wird in die Geschichte und Gegenwart des Anarchismus eingeführt, mögliche Perspektiven werden zur Diskussion gestellt.
Der Referent Bernd Drücke hat 1997 zum Thema anarchistische Presse in Ost- und Westdeutschland promoviert. Seit 1998 arbeitet er als Koordinationsredakteur der gewaltfrei-anarchistischen Monatszeitung Graswurzelrevolution. Er ist Autor u.a. von „Zwischen Schreibtisch und Straßenschlacht? Anarchismus und libertäre Presse in Ost- und Westdeutschland“ (K & O, Ulm 1998) und „ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert“ (Karin Kramer Verlag, Berlin 2006)
Lichtbildvortrag und Diskussion

Pressemiteillung von No Lager Halle

Einschüchterungswelle gegen Flüchtlinge im Lager Möhlau durch Botschaftsvorführungen und Abschiebeandrohungen

Während der Landkreis entscheiden will, ob das Lager Möhlau geschlossen wird und wo die Flüchtlinge in Zukunft leben sollen, versucht die Ausländerbehörde des Landkreises durch Abschiebungen Fakten zu schaffen.
Der Landkreis Wittenberg hat eine „AG Möhlau“ gegründet, die aus Vertretern der Parteien und der Verwaltung besteht. Diese soll ein Konzept erarbeiten, wie die Unterbringung der Flüchtlinge gestaltet werden soll. Am 28.04.2010 traf sich die „AG Möhlau“ im Lager Möhlau und hörte VertreterInnen der Flüchtlinge an.
Gleichzeitig überzieht die Ausländerbehörde des Landkreises die Flüchtlinge mit einer Welle von Botschaftsvorführungen und Abschiebeandrohungen.
Es begann mit einer Aufforderung an sieben Flüchtlinge, sich am 13. April bei der chinesischen Botschaft in Berlin vorzustellen. Die Flüchtlinge weigerten sich, „freiwillig“ an der Botschaftsvorführung teilzunehmen. Als sie am 27.04.2010 ihren Scheck (monatliche Sozialhilfe – 180 €) abholen wollten, wurden sie zwangsweise dem chinesischen Botschafter vorgeführt.
Ebenfalls am 27.04.2010 teilte die Ausländerbehörde Gräfenhainichen (Ausländerbehörde des Landkreises Wittenberg) zwei Familien und einem „Alleinreisenden“ aus dem Kosovo, die seit über 10 Jahre in der BRD leben, mit, dass sie Ende Juni höchstwahrscheinlich abgeschoben werden. Ihre Duldung wurde nur noch für 2 Monate verlängert.
Außerdem wurden 2 Familien und ein Alleinreisender aus Syrien aufgefordert, zu einer Botschaftsanhörung in Berlin am 12.05.2010 zu kommen.
Die Abschiebungen in das Kosovo und nach Syrien sind Folge der Unterzeichnung von Rücknahmeabkommen, der jeweiligen Länder mit Deutschland. Diese Abkommen ignorieren konsequent die aktuelle Lage der betroffenen Menschen in ihren Herkunftsländern.
So wurde immer wieder vehement von verschiedensten Organisationen darauf hingewiesen, dass die Sicherheit von Minderheiten wie den Roma, Ashkali, Kosovo-Ägyptern und Serben im Kosovo nicht gewährleistet ist und es auch keine Möglichkeiten für die Abgeschobenen gibt, sich dort eine Existenz aufzubauen oder auch nur ihre Kinder zur Schule zu schicken.
Auch der Appell des Zentralrats der Sinti und Roma an die Bundesregierung wurde mit diesem Rücknahmeabkommen ignoriert und damit letztlich auch die geschichtliche Verantwortung für die Verfolgung und Vernichtung der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus.
Diese von der Politik bewusst geschaffene Faktenlage, nutzt nun die Ausländerbehörde Wittenberg, um einen Teil der Flüchtlinge los zu werden. Sie schreckt nicht davor zurück, einen 18 Jährigen, hier in Deutschland geborenen Jugendlichen, der überhaupt kein albanisch spricht, die Abschiebung in das Kosovo an zu drohen.
Ebenfalls will die Ausländerbehörde Kurden und Yeziden nach Syrien abschieben. Sämtliche aus der BRD abgeschobene Yeziden verschwanden in syrischen Foltergefängnissen, der Besitz eines kurdischen Buches reicht in Syrien für eine Verhaftung.

Mit freundlichen Grüßen
no lager halle

Montag 10.05. Bertrand Stern – Ich bin so frei, mir die Freiheit zu nehmen, mich frei zu bilden

Ort: Melanchthonanium, Hörsaal A
Uhrzeit: 19 Uhr

Bildungsdiskussionen bleiben zumeist in den Widersprüchen von zivilisatorischen Ideologien verhaftet: Hierbei geht es um Schulen und um ihre scheinbare Verbesserung durch Reformen; hierbei geht es um Schüler und um ihre vermeintlich erfolgreiche berufliche Zukunft; hierbei geht es um eine eingeforderte Sozialität, die in einen unentwegten Wettbewerb mündet; und neben dieser schleichenden Beschulung des Menschen geht es hierbei auch um die bessere Verschulung der Bildung… Folglich geht es nicht um die persönliche Freiheit und Würde des Menschen, um sein selbstverständliches Recht, sich frei zu bilden, um ein Klima von radikaler Freiheit und auch nicht um das Entstehen einer prospektiv gestalteten, vielfältigen, lebendigen und originellen Bildungslandschaft..

Dieses eindeutige Plädoyer für einen radikalen Ausbruch aus der längst hinfälligen Institution Schule berührt logischerweise grundlegende menschliche Belange, insbesondere das Gedeihen der Bildung; daher mündet es in die Frage: Was wollen wir eigentlich?

Gedenkveranstaltung dem ermordeten Alberto Adriano am 11.06.2010 und Demo am 12.6.2010 in Dessau

Gedenkveranstaltung

Am 11.06.2010 findet in der Zeit von 14 – 16:30 Uhr eine Gedenkveranstaltung zum 10. Jahrestag des tödlichen Überfalls auf Alberto Adriano statt.

Ort: Gedenksteele im Dessauer Stadtpark (Ort des Überfalls).

Demonstration

Demonstration am 12.06.10
Treffpunkt: 13h HBF Dessau

In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 2000 wurde er von drei betrunkenen Neonazis im Dessauer Stadtpark zusammengeschlagen. Drei Tage später starb er im Krankenhaus an seinen Verletzungen.

Mehr Infos und ausführlicher Aufruf auf http://afa06.blogsport.de/adiano-gedenkdemo/

Griechische Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) ruft zu Streik am 6. Mai auf

Die griechische Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) hat für den 6. Mai 2010 zu einem landesweiten Streik wegen des Todes von drei Bankangestellten in Athen während des Generalstreiks am 5. Mai aufgerufen. Die Gewerkschaft gibt der Management der Bank und der Polizei die Schuld am Tod ihrer KollegInnen, die durch giftige Dämpfe infolge eines Brandes in einer Filiale an einer Demonstrationsroute ums Leben gekommen sind. Am 5. Mai hatten überall in Griechenland hundertausende von ArbeiterInnen gegen die Sanierung der Staatsfinanzen auf dem Rücken der Beschäftigen und RentnerInnen protestiert. Dabei kam es in vielen Städten zu wütenden Angriffen auf Symbole der Staatsmacht, dutzende von Banken und Konzernfilialen. Viele der Kundgebungen wurden von der Polizei mit Tränengas, Blendschock-Granaten und Knüppeln attackiert. Die griechische Polizei hat am Abend Kontrollpunkte an allen Zugängen zum Athener Stadtzentrum errichtet und mehrere besetzte Häuser und Projekte im Stadtteil Exarchia angegriffen.

In Athen waren nach Angaben von Gewerkschaften mehr als 200.000 ArbeiterInnen auf der Straße. Während des ganzen Tages lieferten sich Polizei und große Gruppen von wütenden Einwohnern immer wieder heftigste Auseinandersetzungen. In Thessaloniki zogen 50.000 Streikende durch die Stadt und zerstörten in der zweitgrößten griechischen Stadt mehrere dutzend Banken und Niederlassungen von Konzernen. In Patras schlossen sich Traktoren und die Fahrer der Müllabfuhr einer Demonstration von mehr als 20.000 Leuten, in der Verlauf im Stadtzentrum Barrikaden errichtet wurden. Es kam zu mehrstündigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch in Ioannina griffen DemonstrantInnen Banken und Konzern-Niederlassungen an. In Heraklion waren mehr als 10.000 Leute auf der Straße. In Corfu wurde das Verwaltungszentrum besetzt, ebenso in Naxos und in Naoussa das Rathaus.

Zu einem tragischen Zwischenfall kam es am Morgen in Athen, als ein Feuer in einer Filiale der Marfin Bank ausbrach. Drei Beschäftigte kamen durch giftige Dämpfe ums Leben, den anderen gelang es, aus einem oberen Stockwerk des Gebäudes über einen Laternenmast auf die Straße zu klettern.

Dass sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt Beschäftigte in der Bank befanden, liegt nach Angaben von GewerkschafterInnen daran, dass ihnen von der Firmenleitung mit Kündigung für den Fall gedroht worden sei, dass sie nicht zur Arbeit erscheinen und sich stattdessen am Generalstreik beteiligen sollten. Diese Drohung ist umso ungeheuerlicher, als sich die betreffende Filiale der Bank an einer Demonstrationsroute befindet. In Griechenland ist es üblich, solche Banken zu schließen, da sie jedes Jahr dutzendfach aus Demonstrationen heraus angegriffen werden.

Darüber, wie das Feuer im Eingangsbereich entstanden ist, gibt es unterschiedliche Angaben. Zwar behauptete jemand gesehen zu haben, wie während der Auseinandersetzungen eine Blendschockgranate der Polizei in das Gebäude eingeschlagen sei. Wahrscheinlicher ist aber, dass es eine Brandflasche war, die den Eingangsbereich der Bank in Brand setzte. In einem Blog beschreibt ein Demonstrationsteilnehmer, die Schalterräume der Bank seien leer gewesen, als die Demonstration vorüber zog. Niemand habe gewusst, dass die Bank auch über Büroräume im ersten Stock verfügt habe, in denen sich Angestellte befanden. Als diese von den oberen Fenster aus den DemonstrantInnen zugerufen hätten, dass sich Menschen im Gebäude befinden, hätten Leute versucht, das Feuer zu ersticken und ins Gebäude zu gelangen. Alle Eingänge seien jedoch verschlossen gewesen. Ein anderer Augenzeuge berichtete auf Indymedia Athen, dass DemonstrantInnen versucht hätten, die Sicherheitsglas-Scheiben einzuschlagen, um die eingeschlossenen Bankangestellten zu befreien, dabei aber von der Polizei angegriffen worden seien und davon, dass der einzige mögliche Fluchtweg durch ein Fallgitter verschlossen gewesen sei, das sich nicht öffnen ließ.

Ebenfalls auf Indymedia Athen hat mittlerweile ein Angestellter der Marfin Bank schwere Vorwürfe gegen die Firma erhoben, weil es in der betroffenen Filiale nur unzureichende Sicherheitsmaßnahmen für einen Brandfall gegeben haben soll. So habe es u.a. weder ausreichende Installationen zur Brandbekämpfung gegeben, noch einen Fluchtweg aus dem Gebäude. Die Bankangestellten hätten somit im Falle eines größeren Brandes weder die Möglichkeit gehabt, eine Feuer zu löschen, noch eine Chance, sich aus dem Gebäude zu befreien. Es habe außerdem keinen hinterlegten Brandschutzplan gegeben, so dass die Feuerwehr zunächst mit einem Einsatzfahrzeug angerückt, sei, dessen Leiter zu kurz gewesen sei.

Im Netz ist zwischenzeitlich ein Video aufgetaucht, in dem wütende AnwohnerInnen den Chef der Bank bei einer Ortsbesichtigung unter massivem Polizeischutz als Mörder beschimpfen. Auch die Gewerkschaft der Bankbeschäftigten (OTOE) gibt dem Management und der Polizei die Schuld am Tod der drei Bankangestellten und wirft der Politik vor, politisches Kapital aus dem traurigen Ereignis schlagen zu wollen.

Bei den griechischen Basisgewerkschaften befürchtet man, dass die Regierung u.a. versuchen wird, die sich ausbreitende Protestwelle durch Angriffe auf die Infrastruktur der Protestbewegung einzudämmen. Eine Befürchtung, die nicht unbegründet zu sein scheint. So gab es heute auf youtube.com einen Clip zu sehen, der Polizisten dabei zeigt, wie sie die Scheiben eines linken Cafés einzuschlagen versuchen. In den späten Abendstunden des 5. Mai häuften sich außerdem Berichte über gezielte Angriffe der Polizei auf besetzte Häuser im Stadtteil Exarchia.

Quelle

Erklärung eines Angestellten der Marfin-Bank

Erklärung eines Angestellten der Marfin-Bank von fau.org

Die folgende Erklärung eines Kollegen der drei durch einen Band gestorbenen Beschäftigten der Marfin-Bank in Athen, erschien gestern im griechischen Original auf IndyMedia Athen. Sie wirft ein bezeichnendes Licht auf die Umstände, die zum Tod der ArbeiterInnen beigetragen haben bzw. darauf, warum diese überhaupt anwesend sein mussten, obwohl bekannt war, dass ihr Arbeitsplatz an einer Demonstrationsroute lag.

Meinen KollegInnen gegenüber, die heute so ungerechterweise ums Leben gekommen sind, fühle ich mich verpflichtet, den Mund aufzumachen und ein paar objektive Wahrheiten auszusprechen. Ich schicke diese Erklärung an alle Medien. Jeder, der noch einen Rest von Gewissen hat, sollte sie veröffentlichen. Alle anderen können weiter das Spiel der Regierung spielen.

Die Feuerwehr hatte das besagte Gebäude nie feuerpolizeilich abgenommen, sondern es wurde ohne Genehmigung benutzt, wie bei praktisch allen Firmen in Griechenland.

Das besagte Gebäude hat keine Brandschutzvorrichtungen, weder tatsächlich installierte noch geplante, d.h. keine Sprinkleranlagen an den Decken, keine Fluchtwege oder Löschschläuche. Es gibt nur ein paar tragbare Feuerlöscher, die natürlich nicht ausreichen, um ein größeres Feuer in einem Gebäude mit längst überholten Sicherheitsstandards zu löschen.

Bei keiner einzigen Filiale der Marfin-Bank gab es jemals Brandschutzschulungen für die Beschäftigten, nicht mal zur Bedienung der wenigen Feuerlöscher. Die Geschäftsführung benutzt u.a. die damit verbundenen hohen Kosten als Ausrede und tut nicht das Mindeste, um ihre Angestellten zu schützen.

In keinem einzigen Gebäude gab es jemals eine Evakuierungsübung mit den Beschäftigten, ebensowenig wie Schulungen durch die Feuerwehr, wie man sich in solchen Situationen verhalten soll. Schulungen gab es bei der Marfin-Bank nur zu Szenarien von terroristischen Aktionen, und dabei ging es speziell darum, wie die „Großkopfeten“ der Bank in so einer Situation aus ihren Büros fliehen können.

In dem besagten Gebäude gab es keinen speziellen Feuerschutzraum, und das obwohl es aufgrund seiner Bauweise in solchen Fällen sehr anfällig ist und obwohl es vom Fußboden bis zur Decke mit leicht brennbaren Materialien wie Papier, Plastik, Kabeln und Möbeln gefüllt ist. Wegen seiner Bauweise ist das Gebäude objektiv ungeeignet, um als Bank benutzt zu werden.

Niemand vom Sicherheitspersonal kennt sich mit Erster Hilfe oder Brandbekämpfung aus, obwohl die Sicherung des Gebäudes in der Praxis immer ihnen aufgetragen wird. Die Bankangestellten müssen sich je Laune von Herrn Vgenopoulos [dem Besitzer der Bank] in Feuerwehrleute oder Sicherheitspersonal verwandeln.

Die Geschäftsführung der Bank hat den Angestellten strikt verboten, heute zu gehen, obwohl sie selbst seit dem frühen Morgen immer wieder darum gebeten hatte – sondern zwangen die Angestellten auch dazu, die Türen abzuschließen und bestätigten telefonisch immer wieder, dass das Gebäude den ganzen Tag über abgeschlossen zu bleiben habe. Sie kappten sogar die Internetverbindung der Angstellten, um sie an der Kommunikation mit der Außenwelt zu hindern.

In Bezug auf die Mobilisierungen der letzten Tage werden die Angestellten der Bank inzwischen seit vielen Tagen vollkommen terrorisiert mit dem mündlichen „Angebot“: Entweder ihr arbeitet, oder ihr werdet rausgeworfen.

Die beiden Zivilbullen, die der besagten Filiale zur Verhinderung von Banküberfällen zur Verfügung gestellt wurden, sind heute nicht gekommen, obwohl die Geschäftsführung der Bank den Angestellten mündlich versprochen hatte, dass sie da sein würden.

So, meine Herren, nehmt eine Selbstkritik vor und hört auf herumzulaufen und so zu tun, als seid ihr schockiert. Ihr seid verantwortlich für das, was heute passiert ist, und in jedem anständigen Staat (so wie die Staaten, die ihr ab und zu als leuchtende Beispiele in euren Fernsehsendungen benutzt) wäret ihr für die oben genannten Aktionen schon längst verhaftet worden. Meine KollegInnen haben heute ihr Leben aus Böswilligkeit verloren: der Böswilligkeit der Marfin-Bank und von Herrn Vgenopoulos persönlich, der ausdrücklich sagte, dass jeder, der heute [am 5. Mai, dem Tag eines Generalstreiks] nicht zur Arbeit kommt, morgen erst gar nicht kommen braucht [weil er rausgeworfen werden würde].

Ein Angestellter der Marfin-Bank

Griechischer Originaltext
Englische Übersetzung