ORGANIZE!

Das Universitätsleben in die eigene Hand nehmen

Die Demonstrationen gegen die massiven Kürzungen im Bildungs- und Kulturbereich zogen bis zu 7000 Menschen auf die die Straße. In diesen Massenprotesten zeigt sich eine Solidarität zwischen Studierenden, Mitarbeitern der Universität und Kulturschaffenden. Tatsächlich will die Regierung nun doch weniger als 50 Millionen Euro kürzen. Weitere Kürzungen soll es dann erst ab 2020 wieder geben.
Doch auch wenn gerade keine monströsen Kürzungen anstehen, gibt es genügend Missstände an der Uni, die die Arbeits- , Lehr- und Lernbedingungen betreffen.
Es ist keine Seltenheit, dass man keinen Seminarplatz bekommt und ein Modul aufschieben muss. Selbst wenn man mit Glück noch einen Platz ergattert, ist das Seminar oft überfüllt, was die Lernatmosphäre spürbar verschlechtert. Das Semester wird in solchen Fällen vom Anfang bis zum Ende meist mit Vorträgen der Kommilitonen befüllt. Die Verschulung der Universitätsausbildung, durch Creditpointjagd und feste Lehrpläne mit wenig Wahlmöglichkeiten im Rahmen des Bolognaprozesses, beraubt uns nicht nur unserer Möglichkeit des freien Lernens, sie ändert auch das Verhältnis zwischen Dozenten und Studierenden hin zu einer reinen Lehrer-Schüler-Beziehung. Leistungsdruck und Konkurrenz sind täglich spürbar, wenn es allein darum geht Wissen für die Prüfung aufzunehmen, statt sich Zeit für das Studium zu nehmen und sich in den Seminaren kritisch auszutauschen.

Das selbe Boot

Die Lernbedingungen der Studierenden sind eng verflochten mit den Arbeitsbedingungen der Universitätsmitarbeiter_innen. Wenn Wissenschaftliche Mitarbeiter_innen durch „Lehrbeauftragte für besondere Aufgaben“ (LfbA) ersetzt werden, deren Arbeitsverträge oft nur semesterweise verlängert werden, dann leidet die Qualität der Lehre. Das Arbeitsverhältnis ist für die Dozierenden unsicher und für Studierende folgt aus deren hoher Fluktuation eine Ungewissheit bezüglich künftiger Betreuung. Hinzu kommt das enorme Arbeitspensum, welches die Mitarbeiter_innen im Austausch für ihren Anspruch auf Forschungs- und Qualifikationsarbeiten aufgebürdet bekommen, was die Zeit, in der die Dozierenden sich mit den individuellen Problemen der Studierenden befassen können minimiert. Auch die Vorbereitungszeit für die Lehrveranstaltungen verknappt sich so, was das befüllen der Zeit mit Vorträgen der Studierenden verständlich macht.
Als Studierende lassen uns diese Arbeitsbedingungen hoffentlich nicht kalt, denn wir müssen einsehen, dass aus der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen immer eine Verschlechterung der Lehr- und Lernbedingungen erwächst. Um diese Missstände zu beseitigen ist es nötig, dass wir uns für die Lage aller Universitätsmitarbeiter_innen (Wissenschaftliche Mitarbeiter, Lehrbeauftragte, Bibliothekare, Reinigungskräfte, Verwaltungsangestellte,…) sensibilisieren und gemeinsam, solidarisch dagegen vorgehen.

Organizing – Verbesserungen erkämpfen

Können wir uns hierbei allein auf symbolischen Protest, der eigentlich nur ein Bittgesuch darstellt, verlassen?
Wie wäre es mit einer Organisationsform, die darauf ausgelegt ist, ihre Forderungen selbst durchzusetzen? Eine Gruppe, in der sich jeder einbringen kann, der Anteil am Universitätsleben hat. Hier können die Probleme erkannt, gemeinsam analysiert und Lösungsstrategien erdacht werden. Die Probleme können nur von den Betroffenen selbst zu ihrer Zufriedenheit gelöst werden, darum kann die Gruppe nicht als Dienstleister auftreten und ist auf Eigeninitiative angewiesen. Doch Eigeninitiative bedeutet nicht, dass Probleme allein gelöst werden. Das ist nur durch Solidarität und gemeinsame Direkte Aktionen möglich. Probleme sollen direkt in Angriff genommen werden um sie auch wirklich zu beseitigen. Erfahrungen gibt es hierbei vor allem aus den USA, wo Gewerkschaften mit solchen Workplace-Organizing Konzepten erfolgreich sind. Arbeitskampf kann auch an der Uni ein Mittel sein.
An jeden Institut kann es eine solche Gruppe geben, die autonom handelt und sich mit Gruppen von anderen Instituten in einer Gesamtgruppe vernetzt. Über diese Gesamtgruppe kann institutsübergreifend Solidarität geübt werden. Die Vernetzung erfolgt über Delegierte. Es soll sich keine zentralistische Struktur bilden.
Wer Verbesserungen im Universitätsalltag erkämpfen, eigene Vorschläge einbringen und sich dafür gleichberechtigt, basisdemokratisch und transparent organisieren will, der sollte sich in einer Betriebsgruppeninitiative / Institutsbasisgruppe organisieren.

Wir treffen uns jeden 3. Donnerstag, 20 Uhr, im VL-Infoladen, Ludwigstraße 37, 06110 Halle.

[ssba]

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