Café Noir: Tagelöhner*innentum statt Arbeitsrechte (Update 6.4.)

Eine Kollegin hat seit Anfang Dezember im Café Noir als Kellnerin gearbeitet. Sie bekam einen Vertrag als Minijobberin. Schon das Probearbeiten von einem Tag wurde nicht bezahlt. Diese Gastronomie-typische Missachtung geltenden Arbeitsrechts setzte sich auch im laufenden Arbeitsverhältnis fort: Auf Anweisung des Chefs musste die Kollegin für Abendschichten ab 19 Uhr auf Abruf an der Theke sitzen und warten. Diese Bereitschaft dauerte im schlimmsten Fall bis zu zwei Stunden, wurde aber nicht bezahlt. Es kam auch vor, dass die Kollegin dort auf Abruf saß, die Arbeit für eine halbe Stunde oder eine Stunde aufnehmen konnte und dann erneut auf Abruf an der Theke sitzen musste. Oder die Kollegin wurde nach einiger Abrufzeit dann wegen zu geringer Kundschaft nach einer unbezahlten Wartezeit wieder nach hause geschickt. Bezahlt wurde grundsätzlich immer erst ab der Aufnahme von Tätigkeiten im Café Noir.
Update vom 6.4.2024: In einem Telefonat hat der Chef des Café Noir seine Verhandlungsbereitschaft und ein Interesse an einer außergerichtlichen Einigung signalisiert. Nach einer näheren Aufschlüsselung der Ansprüche unseres Mitglieds und einer Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt will er kommende Woche mit uns über eine Einigung sprechen, die den anstehenden Gütetermin am Arbeitsgericht Halle überflüssig macht und die Forderungen unseres Mitglieds erfüllt.

Weiterhin informierte der Chef die Angestellten über eine Chatgruppe darüber, dass bei Spätschichten die Bezahlung vom Umsatz des jeweiligen Abends abhängig gemacht würde. Wird eine bestimmte Summe nicht eingespielt, werden die Stunden nicht vollständig vergütet. Unserer Kollegin passierte es daher dann auch, dass sie in einer Schicht bis 4.30 Uhr morgens arbeiten musste, aber nur die Stunden bis 2.00 Uhr bezahlt bekommen sollte. Nach einem Gespräch mit dem Chef über diese Situation hat er gesagt, dass maximal eine Bezahlung der Arbeitsstunden bis 3.00 Uhr morgens für diese Arbeitsschicht möglich wäre.

Als die Kollegin Ende Januar eine vollständige Bezahlung einforderte, bekam sie am Folgetag telefonisch eine Kündigung. Da sie wusste, dass erst eine schriftliche Kündigung wirksam ist, erschien sie trotzdem zur nächsten zuvor vereinbarten Schicht. Der Chef schickte sie jedoch nach Hause. Danach bot sie auch weiterhin ihre Arbeitskraft an, da keine Kündigung bei ihr ankam. Nach mehrmaligem Anbieten der Arbeitskraft über den Chat teilte ihr der Chef mit, ihn nicht mehr über den Chat zu kontaktieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Kollegin immer noch keine Kündigung erhalten. Am 19.2.2024 kündigte die Kollegin dann selber das Arbeitsverhältnis mit der im Minijob gültigen 14-Tage-Frist. Erst danach erhielt sie eine schriftliche Kündigung des Chefs: Mit Erhalt Ende Februar, datiert auf den 26.1.2024 wollte er ihr trotz Mindestfrist von 14 Tagen zum 29.1.2024 kündigen. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der eigenen Kündigung der Kollegin am 4.3.2024. Eine Lohnabrechnung und unvollständige Bezahlung erhielt sie nur für den Dezember 2023 und den Januar 2024, der Februar blieb bisher gänzlich unbezahlt.

Die Kollegin, die bis zur Kündigung keinen Urlaub genommen hatte, erhielt bislang auch keinerlei Urlaubsabgeltung.

Mit der FAU fordert die Kollegin nun die Bezahlung

– der unbezahlten Probearbeit

– der Bereitschaftszeit vor Spätschichten

– der unbezahlten Nachtstunden

– des offenen Urlaubsanspruchs

– der abgesagten Schicht nach der mündlichen Kündigung

– des Monats Februar

[ssba]